Auf der Suche nach gendersensiblen Didaktiken für die Medienwissenschaften

Rezension von Sarah Dellmann

Silke Martin, Lena Eckert (Hg.):

Schöner Lehren.

Gegendert und gequeert.

Marburg: Schüren Verlag 2016.

108 Seiten, ISBN 978-3-89472-988-2, € 16,90

Abstract: „Was kann es heißen, gendersensibel und diversitygerecht in den Medienwissenschaften zu lehren? Welche Didaktiken lassen sich verwenden und wie können Methoden umgesetzt werden?“, fragen die Herausgeber*innen im Klappentext. In fünf Modulbausteinen für Seminarsitzungen à 90 Minuten zeigen die Autor*innen Antworten auf diese Fragen auf. Eine programmatische Einleitung und ein Gespräch zwischen den Autor*innen über ihre Lernprozesse in Bezug auf gendersensible und diversitygerechte Lehre kontextualisieren diese Module. Anhand der Modulbausteine werden Möglichkeiten für die didaktische Gestaltung von spezifischen Seminarsitzungen illustriert. Darüber hinaus ist das vorliegende Bändchen jedoch zu unentschieden in seinem Anliegen; die in der Einleitung formulierten Ansprüche werden nur teilweise eingelöst.

DOI: https://doi.org/10.14766/1232

Die Herausgeber*innen Lena Eckert und Silke Martin formulieren in ihrer Einleitung hohe Ansprüche für gender- und diversitygerechte Didaktiken. Diese sollen „über eine bloße Anwendung von dehierarchisierenden und heterogenitätsorientierten Lernmethoden weit“ hinausgehen (Einleitung, S. 8). Anliegen sei es, „die Handlungsfähigkeit der am Bildungsprozess beteiligten [zu] aktivieren und [zu] reflektieren“; der Zusammenhang von Bildung und Macht solle mitgedacht werden, was auf die „Infragestellung und Verstörung von Normen und gängigen Diskursen“ (S. 8) ziele. Explizit richten sich Eckert und Martin gegen einen Ansatz, der einem „funktionalistischen Bildungsverständnis, das sich auf Kompetenzen und Qualifikationen beschränkt,“ entspricht (S. 9), und fordern eine Bildung des ‚kritischen Nachdenkens‘. „Inhalte der Gender Studies und der Queer Theory“ sollen nicht nur „in die Lehre integriert werden, sondern auch auf einer performativen Ebene in das Lehrgeschehen eingehen.“ (S. 9). Um dies zu ermöglichen, sei eine „längerfristige Auseinandersetzung mit dem Thema, der eigenen Position innerhalb von gesellschaftlichen und hochschulpolitischen Machtgefügen sowie den Epistemologien der eigenen Disziplin und Fachkultur“ (S. 9) nötig. Der vorliegende Band ist als Ergebnis dieser Auseinandersetzung, die die Autor*innen – Lehrende der Medienwissenschaften an deutschen Hochschulen – im Rahmen der Projektwerkstatt ‚Schöner Lehren‘ führten, anzusehen.

Gruppenarbeit als gequeerte Wissensarbeit

Fünf Modulbausteine stellen eine jeweils 90-minütige Seminarsitzung detailliert dar. Hier zeigen die Autor*innen, wie sie die programmatischen Überlegungen der Einleitung in ihrer Lehrpraxis umsetzen. In den Modulbausteinen reflektieren die Autor*innen verschiedene Strategien, die sie einsetzten, um Studierenden mehr Raum und Verantwortung im Lehrprozess zu geben. Vier der fünf Modulbausteine enthalten folgenden Ablauf: kurzer Einstieg durch Dozent*in oder Referat von Studierenden – Gruppenarbeitsphase zur Analyse des Materials – Plenumspräsentation der Gruppenarbeitsergebnisse – gemeinsame Diskussion zur Ergebnissicherung. Allein der Baustein von Ulrike Hanstein stellt andere Arbeitsformen und einen anderen Verlauf vor: zentraler Einstieg – Filmsichtung – zentrale Klärung der Argumentation des Textes – Gruppenarbeitsphase – Präsentation der Ergebnisse; dabei wird die Diskussion durch eine Moderationsgruppe von Studierenden (eventuell mit Unterstützung der Dozent*in) geleitet.

Inhaltlich widmen sich die Modulbausteine unterschiedlichen Themen: dem Schreibprozess wissenschaftlicher Hausarbeiten (Lisa Conrad: „Denken als Handwerk“), Europadarstellungen und Erinnerungskultur (Sarah Czerney: „Europa und ihre Geschichten“), der Verknüpfung von Filmanalyse mit feministischen und rassismuskritischen Arbeiten zur Repräsentationskritik (Ulrike Hanstein: „Ansprechen: Filmkörper, Affektraum, Bildkritik“), dem Vergleich von Geschlechterdarstellungen in bundesdeutschen und tschechoslowakischen Fernsehserien (Nicole Kandioler: „Decentring Western Gender Media Studies“) sowie einer queeren Kritik an Normen der etablierten westlichen LSBT*-Gemeinschaft (Christiane Lewe: „Utopie als Methode“). Gendersensibel und diversitätsgerecht wird in den vorgestellten Modulbausteinen in Bezug auf Gender, sexuelle Orientierung und race vorgegangen. Klassenfragen werden inhaltlich im Baustein von Nicole Kandioler thematisiert, werden aber nicht in Bezug auf Diversität innerhalb der Studierendenschaft oder der passenden Didaktiken aufgegriffen; Fragen zu Behinderung, Alter und religiöser Zugehörigkeit werden in diesem Buch jedoch überhaupt nicht angesprochen. Es wäre daher passender gewesen, den Begriff der Diversität nicht zu verwenden und sich in der Programmatik explizit auf gender- und queertheoretische Didaktiken zu richten.

Begrenzt modulare Modulbausteine

Eine explizitere Klärung der Funktion dieser Modulbausteine im Buch hätte den Lesenden geholfen: Der gewählte Begriff ‚Modulbaustein‘ weckt die Erwartung, dass hier Elemente vorgestellt werden, die in eigene Seminare übernommen werden können. Allerdings erfordern einige Modulbausteine eine ausführliche, fachliche Vorarbeit; am besten funktionieren sie wohl im Rahmen der Lehrveranstaltung, aus der sie stammen (Sarah Czerney, Nicole Kandioler, Ulrike Hanstein). Dies ist keine Kritik an den vorliegenden Ansätzen, aber es macht deutlich, dass die Modulbausteine weniger modular funktionieren, als der Begriff andeutet: Wenn es darum geht, die Überlegungen zur eigenen Arbeit anderen Kolleg*innen vorzustellen, warum wurde dann nicht von einer ‚Seminarsitzung‘ gesprochen? Und wenn der Austausch mit Kolleg*innen das Anliegen ist – wäre es dann nicht zielführender gewesen, die Konzepte für die Seminarsitzungen und die Diskussion auf einem Themenportal bereitzustellen, z. B. bei HSozKult oder bei der Gesellschaft für Medienwissenschaften (in der AG Gender, Queer Studies und Medienwissen − https://www.gfmedienwissenschaft.de/ag-gender-queer-studies-und-medienw), was einen Austausch in beide Richtungen und somit eine dynamische Weiterentwicklung ermöglichen würde?

Im ungeklärten Begriff und der unmotivierten Form spiegelt sich die Undeutlichkeit des Anliegens der Publikation. Offenbar ist es weder Ziel, eine Handreichung für Dozierende zu erstellen, die gender- und diversitätsgerechte Ansätze in die Lehre integrieren wollen (dazu wäre eine Ressourcensammlung und ein Überblick über Debatten um Diversität in der Lehre erforderlich gewesen), noch geht es darum, verschiedene Arbeitsformen für eine inklusivere Lehre vorzustellen (was einer Beurteilung verschiedener Didaktiken und Lehrmethoden einen zentraleren Platz hätte geben müssen), noch darum, eine kritische Position zum dominanten Verständnis von ‚Gendergerechtigkeit‘ und ‚Diversitätsmanagement‘ einzunehmen (wozu eine Auseinandersetzung mit derzeitig geführten hochschuldidaktischen Debatten nötig gewesen wäre) oder einen Austausch von Seminarsitzungen zu bestimmten Themen anzubieten (dazu wäre eine andere Publikationsform passender). Absicht war scheinbar auch nicht, zu klären, ob die Medienwissenschaften fachspezifische didaktische Formen und Inhalte für eine gender- und diversitätsgerechte Lehre benötigen (was eine deutlichere Auseinandersetzung mit den Spezifika des Fachs Medienwissenschaften erfordert hätte.)

Gespräch über Diversität

Letztlich vermittelt der Band den Eindruck, dass die Modulbausteine der Anlass sein sollen, um einem Gespräch unter Kolleg*innen als Beobachterin beizuwohnen zu können. In dem am Ende des Buches abgedruckten Gespräch wird das Anekdotische jedoch kaum überschritten, und die geweckten Erwartungen der Einleitung (und des kurzen Nachworts von Hedwig Wagner) bleiben unerfüllt. Anstatt dieses Gespräch zu nutzen, um der Verwobenheit von Wissen und Macht nachzugehen − ein Ansinnen der Herausgeber*innen −, werden die individuellen Erfahrungen kaum mit fachdidaktischen, hochschuldidaktischen, hochschulpolitischen und gleichstellungspolitischen Debatten verbunden. Auch findet keine Positionierung im größeren institutionellen Kontext statt, was doch in der Einleitung und im Nachwort so vehement eingefordert wird. Die Diskussion zu performativen Elementen in Lehrveranstaltungen beschränkt sich auf Fragen, welche (Gruppen-)Arbeitsformen passend sind, wie stark die Lehrperson in das Lehrgeschehen eingreifen soll und inwiefern das eigene Leben thematisiert werden soll – auch hier ohne jeglichen Bezug auf Debatten, die nicht die eigene Erfahrung oder persönlichen Vorlieben betreffen. Überlegungen zu anderen performativen Akten während Seminarsitzungen, wie z. B. zum eigenen Sprachgebrauch, finden sich nur im Statement von Ulrike Hanstein (vgl. S. 88), werden aber von den anderen Gesprächspartner*innen nicht aufgegriffen.

Reflexionen zum Hierarchiegefälle zwischen Studierenden und Lehrenden oder zu (hochschul-)politischen Entwicklungen – wie Studiengebühren, das zunehmende Auseinanderfallen von Forschung und Lehre, der fast ausschließlich weiße Lehrkörper, befristete und prekäre Arbeitsbedingungen für Lehrbeauftragten, usw. – und deren strukturellem Einfluss auf Formen der Lehre sind nicht zu finden. Zwar fordert Sarah Czerney, dass „strukturelle Barrieren […] radikal in Frage gestellt werden müssen“ (S. 89) (und wieso nicht gleich ‚abgeschafft‘?), führt aber nicht aus, welche gemeint sind und was die Rolle der Lehre hierbei sein könnte. Ihre Gesprächskolleg*innen nehmen diesen Faden auch nicht auf. Lediglich in einer Seitenbemerkung wird der Neoliberalismus kurz erwähnt, nur um zu begründen, dass die Frage der Kompatibilität des eigenen Subjektbegriffs mit neoliberalen Anforderungen jetzt nicht behandelt wird (vgl. S. 87 und auch Christiane Lewe, S. 74, Fußnote 1).

Einige Positionen zur Theoriearbeit sind aus einer Diversitätsperspektive selbst problematisch, etwa wenn Lena Eckert schreibt: „Wenn mir eine Theorie nichts sagt, sie also nicht zu mir und meiner Welt spricht, dann ist es auch nicht meine Theorie“ (S. 86). Entsprechend Christiane Lewe: „Die Theorie muss mit mir und meinen Erfahrungen harmonieren. Tut sie das nicht, kann man das Buch wieder wegstellen. Kompliziert und abstrakt darf es aber trotzdem sein. Theorie hat ja nicht immer einen einfach erklärenden Charakter, sondern verkompliziert und verändert mich und meine Haltung zur Welt.“ (S. 88) Wie verhält sich eine solche Haltung, die offenbar die Bedürfnisse des eigenen Selbst (und nicht die Forschungsfrage) so zentral stellt, zu Theorien und Erfahrungen, die nicht unmittelbar ‚zu einer sprechen‘ oder mit den eigenen Erfahrungen einer weißen Akademikerin harmonieren, wie z.B. Erfahrungen und Theorien von Schwarzen Akademiker*innen, von People of Colour? Und wieso fehlt das Bewusstsein, dass es auch Ausdruck eines Privilegs ist, wählerisch sein zu können und akademisch akzeptierte Theorien zur Verfügung zu haben, die die eigene Erfahrung bestätigen?

Inhaltliche Kritikpunkte

Da es das Anliegen des Buches ist, didaktische Überlegungen vorzustellen, kann es in der Rezension nicht primär darum gehen, die Seminareinheiten inhaltlich zu besprechen. Ein paar Punkte seien dennoch angemerkt: Der erste Modulbaustein von Lisa Conrad, „Denken als Handwerk“, soll zeigen, dass „Wissensarbeit mit und in Räumen, Objekten, Körpern und Verfahren stattfindet“ (S. 17). Die Autorin will mit diesem Modul verdeutlichen, dass „Tätigkeiten wie Entwerfen, Planen, Organisieren und Analysieren soziale, handwerkliche und körperliche Elemente umfassen“ (S. 17). Conrad stellt Visualisierungsmethoden vor, die Studierende nutzen sollen, um sich der Frage „Wie schreibe ich eine Hausarbeit?“ zu nähern. Ziel ist es, „diese Formen des wissenschaftlichen Arbeitens als kollektive Praxis und erlernbares Handwerk“ zu verstehen (S. 17). Der vorgestellte Baustein ist einleuchtend strukturiert und dem Lernziel sicherlich angemessen.

Allerdings lässt sich fragen, ob eine Erarbeitung der Schritte wissenschaftlichen Arbeitens bereits eine gequeerte Form der Wissensarbeit darstellt. Ist es wirklich so, dass „die Hausarbeit als etablierte Form von wissenschaftlicher Arbeit und das darin implizierte Verständnis von Wissenschaft“ (S. 18) befragt werden, weil das Zeichnen von Mindmaps, Storyboards und Metaphern „ein Gegengewicht zur Dominanz von Sprache und Schrift als die vermeintlich neutralen Medien der Wissenschaft, die die Form des Ausdrucks und des Austausches in den Geistes- und Sozialwissenschaften beherrschen,“ (S. 18) setzt? Das sicherlich erstrebenswerte Ziel der Entmystifizierung einer Hausarbeit von einer Eingabe von Geistesblitzen hin zu einem erlernbaren Handwerk bereits als gequeerte „Wissensgenerierung, -vermittlung und -bewertung“ (S. 18) zu verstehen, scheint diesen Baustein jedoch zu überfrachten. Schließlich werden weder das Ergebnis ‚Hausarbeit‘ noch deren Bewertungskriterien in Frage gestellt. Auch bleibt es offen, ob der Einsatz von Visualisierungen im Lehrgeschehen an sich als Praxis queerer Didaktik zu verstehen ist, zumal in den Medienwissenschaften, die sich ja auch der Analyse visueller Produkte widmen. Hier vermisse ich die in der Einleitung geforderte Auseinandersetzung mit den Epistemologien der eigenen Disziplin.

Fragwürdiger ist der Modulbaustein „Europa und ihre Geschichten“ von Sarah Czerney. Dieser soll Studierende „für die Bedeutung von Erinnerungskultur und Geschichtsschreibung“ (S. 39) sensibilisieren, indem sie der historisch sich wandelnden Repräsentation von Europa in (visuellen) Printmedien nachgehen. Der Baustein ist sowohl aus einer diversitäts- als auch aus einer medienhistorischen Perspektive problematisch: Zum einen werden im Einstieg die Spezifika der europäischen Geschichtsschreibung und die Bedeutung der Nation als universell dargestellt – zumindest fehlt ein Kommentar zur regionalen (und zeitlichen) Gültigkeit dieser Vorannahme (vgl. S. 31f.). Dass es andere Regionen und Wissenskulturen gibt, in denen die Nation und die binäre Ordnungssysteme nicht die wichtigsten Kriterien für die Ordnung gesellschaftlichen Lebens darstellen, wird nicht erwähnt. Ein kurzes Statement zur regionalen Beschränkung der Gültigkeit der Analyse hätte von einem Bewusstsein gezeugt, dass (west-)europäisches Wissen nicht universell ist, und hätte den Forderungen aus postkolonialen Studien, (westliches) Wissen zu provinzialisieren (vgl. Chakrabarty 2010), Rechnung getragen. Im Hinblick auf die sehr kritische Einleitung und das Anliegen des Buches ist das Fehlen einer solchen Relativierung nicht zu rechtfertigen.

Czerney schlägt vor, Bilder des antiken Mythos von Europa auf Rändern von Landkarten des 16. Jahrhunderts (auf denen Europa als Frau abgebildet wird) mit aktuellen Pressefotos von Vertreter*innen europäischer Institutionen zu vergleichen, auf denen überwiegend (weiße, auch das wird nicht erwähnt) Männer zu sehen sind. Dies verleitet die Autorin zu der Interpretation, „dass sich Europa offenbar einer Geschlechtsumwandlung unterzogen“ habe (S. 30). Dass die Fotos von Vertretern europäischer Institutionen einen indexikalischen Status haben, Europa im antiken Mythos jedoch eine Allegorie ist, die ausschließlich symbolisch funktioniert, wird im Baustein nicht thematisiert. Dabei gehört die Klärung des Status von visuellen Darstellungen zu den Grundlagen einer medienwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Repräsentationen und ist Semiotik auch bei Vertreter*innen der deutschsprachigen Visual History nicht unbekannt (z. B. Jäger 2009). Ferner wird der − aus gendersensibler Perspektive zumindest problematische − Mythos Europa (eine gegen ihren Willen durch einen männlich-codierten Gott verschleppte Frau) in Bezug auf Erinnerungskultur und Geschichtsschreibung nicht angerissen. Dennoch ließe sich dieses Material sicherlich nutzen, um „über die geschlechtlichen Codierungen Europas nachzudenken“ (S. 36).

Die Modulbausteine/Seminarsitzungen von Ulrike Hanstein und Nicole Kandioler springen dagegen positiv hervor; hier gelingt es den Autor*innen, Fragen nach Gender, race und Klasse als integrale Bestandteile film- bzw. fernsehwissenschaftlicher Analysen zu etablieren.

Fazit

Der undeutliche Anspruch des Buches macht es auch für die Lesenden schwer nachvollziehbar, worum es den Herausgeber*innen letztlich geht. Dabei haben die persönlichen Erfahrungen und Überlegungen durchaus das Potential, in Bezug zu allgemeinen hochschuldidaktischen Debatten rund um Diversität und zu fachspezifische Debatten rund um Curricula gesetzt zu werden. Ganze Bibliotheken sind bereits erschienen, die Gender und Diversität in Bezug auf Hochschuldidaktik verhandeln – sowohl im anglo-amerikanischen, im französischsprachigen (vgl. Picart 1998) wie im deutschsprachigen Raum. Zahlreiche Ressourcen auf den Webseiten kanadischer, australischer und neuseeländischer Universitäten sind frei zugänglich (siehe zum Beispiel: University of Technology Sydney: „Diversity in the Classroom“. https://www.uts.edu.au/research-and-teaching/teaching-and-learning/learning-and-teaching/diversity-classroom). Auch innerhalb deutscher Hochschulgesellschaften ist Diversität bereits länger ein Thema (vgl. Vermeulen 2011, Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik).

In Auseinandersetzung mit den Themen und Strukturen ließen sich Forderungen an das Curriculum, an Didaktiken und Bildungsangebote für Lehrbeauftragte sowie an die Organisation von universitärer Lehre stellen, die sowohl einer kritischen und fachspezifischen Position Rechnung tragen als auch die eigenen Erfahrungen mitnimmt, aber auch über sie hinausgeht. Dazu wäre es jedoch notwendig, grundlegende Debatten in dem Feld, in das man intervenieren will, zu kennen und das vorhandene Wissen, das z. B. in postkolonialen und intersektionalen Diskussionen erarbeitet wurde, zu rezipieren. So liefert der Band leider wenig neue Einsichten. Er verdeutlicht jedoch die Notwendigkeit des Austauschs über fachspezifische Formen, Methoden, Didaktiken, Ziele und Inhalte gender- und diversitygerechter Lehre in den deutschen Medienwissenschaften, die weiße und andere Privilegien nicht unthematisiert lassen. Es ist zu wünschen, dass dieser Band dazu beiträgt, dass diese Debatte breiter geführt wird.

Literatur

Chakrabarty, Dipesh. (2010). Europa als Provinz. Perspektiven postkolonialer Geschichtsschreibung. Frankfurt am Main: Campus-Verlag.

Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik - Netzwerk Diversity, Heterogenität & Interkulturalität. http://www.dghd.de/community/netzwerke/diversity/ (Download: 05.09.17).

Jäger, Jens. (2009). Fotografie und Geschichte (Historische Einführungen, Bd. 7). Frankfurt am Main: Campus-Verlag.

Picart, Marie-Geneviève. (1998). Références bibliographiques du dossier „enseigner la diversité culturelle“. Revue internationale d'éducation de Sèvres, 17 (1). http://ries.revues.org/2965 (Download: 05.09.17).

Vermeulen, Pieter J. 2011. Diversity Management in Higher Education: A South African Perspective in Comparison to a Homogeneous and Monomorphous Society such as Germany. Working Paper 143 des Centrums für Hochschulentwicklung. https://www.che.de/downloads/AP143_South_Africa_Report.pdf (Download: 05.09.17).

Dr. Sarah Dellmann

Utrecht University, Niederlande

Institute for Cultural Inquiry (ICON) / Department of Media and Culture Studies; Postdoc im Projekt “A Million Pictures: Magic Lantern Slide Heritage as Artefacts in the Common European History of Learning” (2015–2018)

Homepage: https://www.uu.nl/medewerkers/SDellmann

E-Mail: s.dellmann@uu.nl

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