Gibt es eine ‚typisch weibliche‘ Intellektualität? − Intellektuelle − Intellektuell/-innen − Intellektuell*innen

Rezension von Meike Penkwitt

Ingrid Gilcher-Holtey (Hg.):

Eingreifende Denkerinnen.

Weibliche Intellektuelle im 20. und 21. Jahrhundert.

Tübingen: Mohr Siebeck Verlag 2015.

251 Seiten, ISBN 978-3-16-153650-2, € 54,00

Abstract: Der Sammelband geht auf eine von der Herausgeberin Ingrid Gilcher-Holtey veranstaltete Tagung zurück. In ihm werden die Interventionen von 14 kritischen Intellektuellen (‚weiblichen‘ Geschlechts) präsentiert und reflektiert − von Käthe Kollwitz bis Naomi Klein. Er trägt damit dem Desiderat einer stärkeren Auseinandersetzung mit ‚weiblichen‘ Intellektuellen Rechnung. Die von der Herausgeberin verfasste Einleitung bietet einen reflektierten und lesenswerten Einstieg in das Themenfeld ‚Intellektuellenforschung‘ und die dort bislang zumeist herrschende Vernachlässigung von Frauen. Die Beiträge des Bandes sind geeignet, die Leser/-innen zu einer weitergehenden Auseinandersetzung mit den teilweise noch eher unbekannten Denkerinnen einzuladen.

DOI: https://doi.org/10.14766/1206

Obwohl der Begriff ‚Intellektuelle‘ keine geschlechtliche Markierung enthält, werden darunter im Allgemeinen Männer verstanden. Auch in der Intellektuellenforschung, die u. a. im Rahmen der zeitgeschichtlichen Forschung betrieben wird, waren und sind bisher fast ausschließlich Männer Gegenstand der Reflexion. Nachdem auch Ingrid Gilcher-Holtey in ihrer Monographie Eingreifendes Denken (2007) Frauen einen eher marginalen Platz eingeräumt hat, setzt die Zeithistorikerin mit ihrem Sammelband Eingreifende Denkerinnen. Weibliche Intellektuelle im 20. und 21. Jahrhundert nun ein Gegengewicht, das einen ersten Schritt zur Korrektur dieser Schieflage darstellt. Das Thema scheint in der Luft zu liegen, denn etwa zeitgleich präsentierte die Zeitschrift Gender ihr Themenheft „Intellektuelle Frauen“ (3/2015). Gilcher-Holteys Sammelband geht allerdings auf eine Tagung zurück, die die Herausgeberin bereits 2014 unter dem Titel „Weibliche Intellektuelle im 20. und 21. Jahrhundert“ an der Universität Bielefeld durchführte.

Als ‚eingreifende Denkerinnen‘ bezeichnet die Herausgeberin widerständige Diagnostikerinnen ihrer Zeit, die in den politischen Diskurs eingreifen, indem sie etablierte Weltanschauungen und Wahrnehmungsschemata in Frage stellen, Missstände anklagen und sich für die Rechte anderer einsetzen. Mit dem Terminus knüpft die Autorin nicht nur an ihre eigene frühere Publikation an, sondern nimmt darüber hinaus auf Bertold Brecht Bezug, von dem diese Begriffsprägung stammt. Laut Gilcher-Holtey betont der Begriff „die Konstruktion und Dekonstruktion von Wahrnehmungs- und Klassifikationsschemata, Sicht- und Teilungskriterien der sozialen Welt als Schlüsselelemente der Rolle des Intellektuellen“ (S. 2). Darüber hinaus trage ihre Begriffswahl der Tatsache Rechnung, dass nicht alle in ihrem Sammelband vorgestellten Denkerinnen (und Künstlerinnen) sich selbst als ‚Intellektuelle‘ bezeichnet haben. Zudem haften der von ihr gewählten Bezeichnung nicht die pejorativen Konnotationen an, die den Begriff des/der ‚Intellektuellen‘ im Deutschen belasten. Stattdessen betone sie die „kognitive Subversion“ (S. 2), die im Kampf um die ‚legitime‘ Sichtweise eine wichtige Rolle spiele.

Vorgestellt werden in der Publikation in vierzehn Aufsätzen (von elf Autorinnen und drei Autoren) insgesamt vierzehn Denkerinnen − wobei zwei der Frauen in jeweils zwei Beiträgen beschrieben werden, während in einem Aufsatz drei italienische Denkerinnen zusammen vorgestellt werden. Dabei werden insbesondere bei bekannteren Intellektuellen − etwa Hannah Arendt, Simone de Beauvoir und Judith Butler − einzelne Interventionen in Politik und Zeitgeschichte detaillierter dargestellt und reflektiert. Unbekanntere Denkerinnen dagegen werden im Rahmen ihrer Gesamtbiographie vorgestellt.

Unterschiedliche Typen von Intellektuellen

In der Einleitung des Bandes stellt Gilcher-Holtey zunächst die innerhalb der Intellektuellenforschung entwickelte Typologie unterschiedlicher Intellektuellentypen vor, angefangen beim ‚allgemeinen Intellektuellen‘, als dessen Prototypen Voltaire, Zola und Sartre gelten und der sich auf „abstrakte, universelle Werte (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit)“ (S. 3) berufe. Diesem wurde von Michel Foucault, wie die Autorin ausführt, der ‚spezifische Intellektuelle‘ gegenübergestellt, der nicht mehr „Träger universeller Werte“, sondern vielmehr „Wissenschaftler als Experte“ sei und eine „spezifische Stellung in der Ordnung des Wissens“ einnehme (S. 4), so z. B. der Atomphysiker Robert Oppenheimer. Von Pierre Bourdieu stammt die Konzeption des ‚kollektiven Intellektuellen‘, der seinen Elfenbeinturm verlasse, um gemeinsam mit anderen zu kämpfen, während der auf Ralf Dahrendorf zurückgehende ‚öffentliche Intellektuelle‘ weniger aktiv für eine Sache Partei ergreife, als vielmehr „ein engagierter Beobachter“ (S. 6) sei. Ausgehend von seiner Auseinandersetzung mit der Neuen Linken schließlich, so die Herausgeberin, entwickelte der amerikanische Soziologe Ron Eyerman den Begriff des ‚Bewegungsintellektuellen‘. Für jenen sei es charakteristisch, dass er „nicht mit einem theoretischen Deutungs- und Führungsanspruch auf[trete]“, sondern vielmehr davon ausgehe, „dass sich aus den Aktionen sozialer Gruppen und Bewegungen die Bausteine einer neuen Theorie freilegen lassen“ (S. 7). Charakteristisch sei dies insbesondere für feministische Theoretiker/-innen, aber auch für Aktivist/-innen der historischen Avantgardebewegungen, weshalb dieser Typus auch als ‚aktivistische/r Intellektuelle/r‘ bezeichnet wird. Als grundlegend wichtige Eingrenzung übernimmt Gilcher-Holtey von Bourdieu die These, dass Schriftsteller/-innen, Künstler/-innen und Wissenschaftler/-innen dann zu Intellektuellen würden, „wenn (und nur wenn)“ sie dank ihres symbolischen Kapitals „über eine spezifische Autorität“ verfügten (S. 1), die ihnen wirtschaftliche, religiöse und ökonomische Autonomie verleihe, und wenn sie diese Position dafür nützten, sich in politische Auseinandersetzungen einzumischen.

Eine Vielzahl der versammelten Autor/-innen, die überwiegend aus einschlägigen Forschungskontexten und etwa zu einem Drittel auch aus dem engeren wissenschaftlichen Umfeld der Herausgeberin stammen, nimmt auf diese in der Einleitung vorgestellte Typologie Bezug. Dadurch wird ein enger Konnex zwischen den Texten hergestellt, so dass die Publikation für einen Sammelband erstaunlich wenig heterogen erscheint. Andere Autor/-innen greifen alternativ auf eine von Gisèle Sapiro entworfene Klassifikation zurück, was aber ebenfalls zur Konzisität des Bandes beiträgt. Wo eine solche Bezugnahme fehlt, nimmt Gilcher-Holtey sie in der Einleitung vor, so z. B. bezogen auf Hannah Arendt, über die Agnes Heller einen Epilog geschrieben hat.

Gendergesichtspunkte

Dass bei der Entwicklung der Typologie, wenn auch vereinzelt, durchaus auch Frauen eine Rolle spielten, wird von der Herausgeberin an den entsprechenden Stellen zwar jeweils benannt, durch andere Formulierungen jedoch unnötigerweise wieder verdeckt, so z. B., wenn sie schreibt, dass „die Idealtypen der Intellektuellensoziologie [...] historisch auf männliche Vorbilder“ zurückgehen (S. 3).

Zuweilen etwas ermüdend wirkt die wiederholte Frage, ob sich die im Band vorgestellten ‚eingreifenden Denkerinnen‘ einer ‚spezifisch weiblichen‘ Vorgehensweise bedienten, zumal diese Frage die Gefahr einer Affirmation oder auch Reifikation birgt.

So arbeitet Eva Oberloskamp in ihrer Diskussion von Simone de Beauvoirs Intervention für die algerische Freiheitskämpferin Djamila Boupacha zunächst eine ganze Reihe von Punkten heraus, die sie als ‚spezifisch weiblich‘ klassifiziert, beginnend bei Beauvoirs Vorgeschichte als Autorin von Das andere Geschlecht. Darüber hinaus, so Oberloskamp, habe Beauvoir deutlich gemacht, dass Boupacha „aufgrund ihres Geschlechts eine besonders grausame Art von Unrecht wiederfahren“ sei, weil sie vergewaltigt wurde und ihr damit „eine spezifisch männliche Form von sexueller Gewalt“ gegenüber Frauen angetan worden sei (S. 75). Beauvoir habe außerdem hervorgehoben, welche Folgen für Boupachas weiteres Leben in ihrer Herkunftsgesellschaft mit dem Verlust der Jungfräulichkeit verbunden gewesen seien. Darüber hinaus habe Beauvoir die Freiheitskämpferin nicht nur zu einem Beispiel für die koloniale Unterdrückung gemacht, sondern auch „zu einer Affäre um die generelle gesellschaftliche Ungleichheit von Männern und Frauen“ (S. 77). Als weiteres „spezifisch weibliches Charakteristikum von Beauvoirs Engagement“ (S. 77) im Fall Boupacha hebt die Autorin schließlich hervor, dass die von ihr initiierte Debatte vor allem mehr Frauen dazu motiviert habe, sich aktiv gegen den Krieg zu engagieren, was letztlich dazu geführt habe, dass die kritische Öffentlichkeit ‚weiblicher‘ wurde. Trotzdem moniert Oberloskamp abschließend, dass Beauvoir der klassischen Rolle des allgemeinen Intellektuellen ‚verhaftet‘ geblieben sei, eine Rolle, die im Wesentlichen von männlichen Vorbildern geprägt gewesen sei.

Andere Autor/-innen verneinen zwar die Frage, ob die von ihnen vorgestellte Denkerin einen spezifisch weiblichen Intellektuellentypus entwickelt habe, verbinden damit aber keinerlei negative Wertung. Stephan Isernhagen entwirft − ausgehend von seiner Auseinandersetzung mit Susan Sontag − sogar einen neuen Intellektuellentyp, den er als ‚empfindsame/n Intellektuelle/n‘ bezeichnet. Für diesen Typ sei es charakteristisch, „ausgehend von seinen Empfindungen, die Möglichkeiten einer neuen Welt und Lebensform“ zu erkunden und „seine Interventionen aus einer bestimmten Empfindsamkeit“ abzuleiten (S. 171). Doch obwohl es gemäß gängiger Geschlechtsrollenzuschreibungen geradezu naheliegend erscheinen würde, diesen neuen Typus als eine ‚spezifisch weibliche‘ Form zu klassifizieren, nimmt Isernhagen eine solche Zuordnung nicht vor. Zusätzlich betont Gilcher-Holtey in der Einleitung, dass Sontag mit dem von ihr idealtypisch repräsentierten neuen Typus den bislang vorherrschenden Typus zwar unterwandere, aber keine ‚spezifisch weibliche‘ Form hervorgebracht habe. „Vielmehr“, so führt sie aus, „können auch Männer potentiell“ die Rolle des „empfindsamen Intellektuellen“ wahrnehmen (S. 15).

Ebenfalls positiv hervorzuheben ist, dass einige Autor/-innen nicht nur das Geschlecht der jeweils vorgestellten Denkerin als Grund benennen, warum diese bisher noch nicht zum prominenten Kreis der Intellektuellen gezählt werde. So überlegt z. B. Steffen Bruendel, dass Käthe Kollwitz, trotz ihrer Beteiligung an geradezu klassischen intellektuellen Interventionen wie öffentlichen Aufrufen, möglicherweise auch deshalb noch nicht als ‚Intellektuelle‘ rezipiert wird, weil sie bisher in erster Linie über ihr künstlerisches Werk wahrgenommen wird. Und Kristina Schulz hebt hervor, dass Erika Mann wahrscheinlich auch darum bisher nicht hinreichend als Intellektuelle gewürdigt worden sei, weil generell „das Exil als Ursache für und Kontext von intellektuellem Eingreifen bislang unzureichend in Rechnung gestellt“ (S. 38) werde. Zudem seien Erika Mann und ihre Mitstreiter/-innen von ihrem in der Schweiz gegründeten politischen Kabarett „Die Pfeffermühle“ wirtschaftlich abhängig gewesen: Dadurch habe Mann nicht der Bourdieu’schen ‚Vorgabe‘ der ökonomischen Autonomie der Intellektuellen entsprochen.

Anstatt nach dem ‚spezifisch Weiblichen‘ der intellektuellen Intervention der von ihr vorgestellten Schriftstellerin Elfriede Jelinek zu fragen, weist u.a. Franziska Schößler auf die für Frauen spezifische Ausgangssituation hin: Weibliche Intellektuelle kämpften zuallererst um ihre Rederechte in der Öffentlichkeit und nutzten bereits diese Auseinandersetzung für ihre Interventionen. „Auch deshalb sind Kollektive bzw. Assoziationen für sie von Vorteil, die die Zugangsbedingungen demokratisieren“, so das einleitende Fazit der Literaturwissenschaftlerin (S. 188). Was Judith Butler betrifft, stellt sich die Frage, ob sich diese zum Zeitpunkt ihrer vielerorts kritisierten Parteinahme für die Palästinenser/-innen, die im Aufsatz von Bettina Brandt Thema ist, nicht doch bereits ausreichend ‚symbolisches Kapital‘ erarbeitet hatte, um hier als ‚öffentliche Intellektuelle‘ im Sinne Dahrendorfs zu agieren. So ließen sich zwar Butlers frühere Interventionen bezüglich der Kategorie Geschlecht mit Brandt dem Typus des aktivistischen Intellektuellen in der Tradition der klassischen Avantgardebewegungen zuordnen, nicht jedoch ihr späteres Engagement für die Palästinenser.

‚Die‘ ‚weibliche‘ Intellektuelle gibt es nicht

Einen ‚spezifisch weiblichen‘ Intellektuellentypus herauszuarbeiten ist weder der Herausgeberin noch den Autor/-innen der einzelnen Aufsätze ‚gelungen‘, was − zumindest in den Augen der Rezensentin − allerdings als Stärke des Bandes und keineswegs als Mangel zu bewerten ist. Dass eine solche Zielsetzung der Publikation (und der vorausgegangenen Tagung) durchaus zentral war, wird nicht nur durch die (in der Herangehensweise sehr unterschiedliche) Abarbeitung der Autor/-innen an der Frage nach einer ‚typisch weiblichen‘ Ausprägung der Intellektuellenrolle deutlich. Sie wird in der Einleitung (neben der Frage nach der jeweiligen Ursache und Form des Eingreifens) auch tatsächlich formuliert: „Orientieren sie [die vorgestellten Denkerinnen] sich an den vorherrschenden Idealtypen des intellektuellen Engagements oder lässt sich anhand der Interventionsformen, Stellungnahmen und Praktiken ein neuer Typ weiblichen eingreifenden Denkens konstruieren?“ (S. 3) Doch selbst der von Stephan Isernhagen in der Auseinandersetzung mit den Interventionen Susan Sontags herausgearbeitete ‚neue‘ Typus des/der ‚empfindsamen Intellektuellen‘ wird nicht in dieser Weise vereinnahmt, und das, obwohl es vor dem Hintergrund der polarisierten bürgerlichen Geschlechterrollen besonders nahe gelegen hätte.

Stattdessen macht der Band deutlich, dass bisher nicht unbedingt als ‚Intellektuelle‘ wahrgenommene Künstlerinnen und Autorinnen durchaus als solche klassifiziert und diskutiert werden können (und sollten) und dabei zumindest überwiegend den bereits herausgearbeiteten Typen zugeordnet werden können. Dabei werden auch andere Hinderungsgründe für das bisherige Versäumnis aufgezeigt als der in der Intellektuellenforschung bestehende Genderbias. Insbesondere durch die Bezugnahme der Autor/-innen auf die von Gilcher-Holtey einleitend zusammengefasste, von unterschiedlichen Theorertiker/-innen diskursiv entwickelte Typologie, die durchaus noch erweiterungsfähig ist, wie die Herausarbeitung des Typs der/des ‚empfindsamen Intellektuellen‘ verdeutlicht, bietet der Band mehr als eine Zusammenstellung biographisch-werkgeschichtlicher Einzeluntersuchungen. Der Sammelband stellt einen Beitrag in der Debatte um eine nicht als kanonisch zu verstehende Typologie von Intellektualitäten dar, in dem Frauen (auch als Forschungsgegenstand) nicht ausgeblendet werden sollten. Die Publikation geht dabei über ein Plädoyer für den theoretischen und auch empirischen Einbezug kritischer Denkerinnen als Forschungsgegenstand hinaus und beginnt in gebündelter Form bereits mit der Aufarbeitung des konstatierten Defizits.

Einige der Aufsätze bieten zugleich einen gelungenen Einstieg in das Werk der jeweils vorgestellten Denkerin, etwa in die Schriften der Globalisierungskritikerin Naomi Klein oder in die künstlerischen Interventionen Yoko Onos. Andere können dagegen als Anstoß genommen werden, sich mit den Gedanken bisher weniger vertrauter Denkerinnen zu befassen, so z. B. mit den Schriften der zumindest in Deutschland bisher eher unbekannten Intellektuellen Rita Levi Montalcini, Rossana Rossanda und Carla Lonzi. Oder sie rufen zeitgeschichtliche Debatten in Erinnerung, wie sie etwa von Margarete Buber-Neuman und Jeanne Hersch angestoßen wurden. Da der Band keinerlei ‚Vollständigkeit‘ beansprucht, erscheint der Rezensentin die Kritik, dass die eine oder andere Intellektuelle fehle, oder auch die Anmerkung, eine vorgestellte Denkerin sei möglicherweise unwichtiger als eine nicht vorgestellte, müßig. Anmerken lässt sich jedoch, dass der Fokus durchgängig eher auf das ‚linke‘ Spektrum ausgerichtet ist. Die Sozialistin Buber-Neumann wurde während des Kalten Krieges aufgrund ihrer Kritik am real existierenden Kommunismus allerdings zeitweilig von Rechten vereinnahmt. Zum einen entspricht diese Auswahl jedoch sowohl der ursprünglichen und lange Zeit typischen Verwendung des Begriffes ‚Intellektuelle‘. Zum anderen werden so Denkerinnen vorgestellt, die zumindest für die meisten Leser/-innen doch interessanter sein dürften als ‚rechte‘ Intellektuelle, ein Themengebiet, das der Rezensentin deshalb als ein sehr spezieller, wenn auch nicht grundsätzlich unwichtiger Forschungsbereich erscheint.

Ein leicht zu verschmerzendes Manko stellt das Fehlen von biographischen Angaben zu den Autor/-innen dar: Auch in Zeiten des Internets wären diese durchaus hilfreich gewesen. Alles in allem lässt sich der anregende und ansprechend aufbereitete Band besten Gewissens zur Lektüre empfehlen, und das nicht nur einem eingeschränkten Leser/-innenkreis − und es bleibt zu wünschen, dass sich die Intellektuellenforschung in Zukunft vermehrt ‚weiblichen‘ Denker/-innen widmen wird, irgendwann dann auch ohne explizit geschlechtliche Markierung.

Meike Penkwitt

RWTH Aachen

Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Pädagogik mit dem Schwerpunkt Heterogenität

E-Mail: meike.penkwitt@t-online.de

(Die Angaben zur Person beziehen sich auf den Stand zum Veröffentlichungsdatum.)

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